Der lange Weg in den ersten Arbeitsmarkt – Möglichkeiten durch das neue Integrationsgesetz

„Bei dem Zugang von Geflüchteten zum deutschen Arbeitsmarkt hat sich in den vergangenen Monaten einiges getan. Wer als Asylsuchender bereits anerkannt worden ist, hat ohnehin Zugang zum Arbeitsmarkt. Für einen Teil der geflohenen Menschen, die noch keinen Aufenthaltstitel besitzen, gibt es nun ebenfalls Erleichterungen, jedoch nicht für alle.
                                              von Arndt Sändig, Mitarbeiter BleibNet pro Quali

Im August setzte das Arbeitsministerium die sogenannte Vorrangprüfung aus. Das bedeutet, Flüchtlinge, über deren Asylantrag noch nicht entschieden wurde, bekommen nach drei Monaten einen leichteren Zugang zum Arbeitsmarkt. Bislang wurde zunächst geprüft, ob deutsche Arbeitnehmer für die Beschäftigung zur Verfügung stehen. Diese erhielten dann den Vorzug. Die Vorrangprüfung wird für drei Jahre ausgesetzt. Abgeschafft ist sie also nicht. Und in Mecklenburg-Vorpommern und Teilen Bayerns und Nordrhein-Westfalens gilt sie weiterhin.

Durch die Neuregelung können Menschen mit Gestattung und Duldung nun auch als Leiharbeiter beschäftigt werden. Hier zeigen sich die Probleme der neuen Gesetzgebung. Schon in den Neunziger Jahren wurden Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion bevorzugt in den Billiglohnsektor vermittelt und in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) gesteckt. Die Chance auf einen Job auf dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt oder auf eine qualifizierte Ausbildung wird durch Leiharbeit und Hilfstätigkeiten nicht verbessert. Im Gegenteil. Hier wurde aus den Fehlern der Vergangenheit nicht gelernt.

Wer die Integration von geflohenen Menschen ernst meint, der braucht vor allem Geduld und Zeit. Er muss bereit sein, in die Menschen zu investieren. Den „fertiggebackenen“ geflohenen Arbeitnehmenden gibt es nicht. BleibNet pro Quali empfiehlt, die Möglichkeit eines berufsbezogenen Sprachkurses zu nutzen. Hier können die Teilnehmenden ein Zertifikat für das Niveau B1, B2 oder sogar C1 erwerben und die Voraussetzung für eine Ausbildung oder eine längerfristige Arbeitsperspektive schaffen. Die berufsbezogenen Sprachkurse stehen auch Menschen mit einer Aufenthaltsgestattung oder Duldung offen. Zumindest noch. Für Menschen mit einer Aufenthaltserlaubnis ist weiterhin zu prüfen, ob die Kosten eines aufbauenden Deutschkurses vom Jobcenter finanziert werden können.

Bei jungen geflüchteten Menschen besteht auch die Möglichkeit, den Hauptschulabschluss auf dem Zweiten Bildungsweg abzulegen. Dieser ist oft Voraussetzung für die Aufnahme einer Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbaren Ausbildungsberuf. Eine solche Ausbildung steht dank der neuen Gesetzeslage nun auch Menschen mit Duldung offen. Wer eine qualifizierte Berufsausbildung aufnimmt, hat Anspruch auf eine Duldung wegen „dringender persönlicher Gründe“. Diese gilt dann für die gesamte Ausbildungszeit plus sechs Monaten zum Zwecke der Suche nach einer entsprechenden Arbeit. Ausbildungsbeihilfen nach dem SGB III können hier beantragt werden.

Nicht von der neuen Gesetzeslage profitieren jedoch Menschen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten. Das sind die Balkanstaaten, Ghana und Senegal. Im Herbst wird entschieden, ob auch die Maghreb-Staaten Algerien, Tunesien und Marokko als „sicher“ eingestuft werden.

Für eine Beratung zu Arbeitsmarktfragen wenden Sie sich gern an BleibNet pro Quali. saendig@bbag-ev.de/ 0331/ 74 000 976.“

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